Warum verringert sich die Reichweite von Elektrofahrzeugen bei kaltem Wetter?
- Serdar Bülent ARI
- vor 5 Tagen
- 2 Min. Lesezeit

Elektrofahrzeuge sind zum Herzstück des Wandels in der Automobilindustrie geworden. Ihr leiser Betrieb, ihre geringen Nutzungskosten und ihre Umweltvorteile treiben die Nachfrage weltweit voran. Doch ein Thema sorgt immer wieder für Diskussionen: der Reichweitenverlust bei kaltem Wetter.
Unabhängige Tests und reale Nutzererfahrungen zeigen, dass die Reichweite eines E-Autos bei niedrigen Temperaturen um 20 % bis 40 % sinken kann. Was steckt dahinter?
Batteriechemie und Temperaturempfindlichkeit
Lithium-Ionen-Batterien – das Kraftzentrum jedes Elektrofahrzeugs – speichern und liefern Energie durch chemische Reaktionen. Kalte Temperaturen verlangsamen diese Reaktionen und reduzieren die Leistungsfähigkeit der Batterie. Dadurch sinkt nicht nur die Reichweite; auch Funktionen wie die Rekuperation werden eingeschränkt. Das Batteriemanagementsystem begrenzt in der Kälte den Energiefluss zum Schutz der Zellen – mit spürbaren Auswirkungen auf die Reichweite.
Energiebedarf für die Innenraumheizung
Verbrennungsmotoren erzeugen viel Abwärme, die zum Heizen des Fahrzeugs genutzt werden kann. Elektrofahrzeuge verfügen dagegen nicht über diese „kostenlose“ Wärmequelle. Die Innenraumheizung, Sitz- und Lenkradheizung sowie Scheibenenteiser beziehen ihren gesamten Energiebedarf direkt aus der Batterie. Fahrzeuge ohne Wärmepumpe sind davon besonders betroffen. Ein großer Teil des Reichweitenverlusts im Winter entsteht allein durch den Heizbedarf.
Höherer Rollwiderstand bei Kälte
Sinkende Temperaturen reduzieren den Reifendruck und erhöhen den Rollwiderstand. Schnee, Matsch oder kalte Fahrbahnoberflächen verstärken diesen Effekt zusätzlich durch einen Verlust an Traktion. Das Fahrzeug benötigt mehr Energie, um die gleiche Geschwindigkeit zu halten – mit entsprechender Auswirkung auf die Reichweite.
Eingeschränkte Rekuperation
Eine kalte Batterie kann keine hohen Ladeströme aufnehmen. Daher wird die Rekuperation reduziert oder vorübergehend deaktiviert, bis die Batterie ausreichend erwärmt ist. Wenn weniger Energie beim Bremsen zurückgewonnen wird, sinkt die Gesamteffizienz und somit die Reichweite.
Batterie-Vorkonditionierung
Viele moderne Elektrofahrzeuge heizen die Batterie automatisch vor – etwa vor Schnellladevorgängen oder in bestimmten Fahrsituationen. Das verbessert zwar die Ladeleistung und schützt die Zellen, verbraucht jedoch ebenfalls Energie, die sonst für die Fahrt zur Verfügung stünde. Dieser Prozess ist für Fahrer oft unsichtbar, trägt aber messbar zum Reichweitenverlust bei.
Wie viel Reichweitenverlust ist normal?
Der genaue Verlust hängt vom Fahrzeugmodell, der Batteriechemie, dem Vorhandensein einer Wärmepumpe und den Fahrbedingungen ab. Ein Rückgang von 20 % bis 40 % kann jedoch als typisch gelten. Daher investieren Hersteller intensiv in optimierte Thermomanagement-Systeme, effizientere Wärmepumpen, fortschrittliche Softwarealgorithmen und neue Batteriematerialien.
Praktische Tipps für Fahrerinnen und Fahrer
Mit einigen einfachen Maßnahmen lässt sich der Reichweitenverlust im Winter reduzieren:
Innenraum vor dem Start laden und vorheizen
Wenn möglich in Garagen oder wärmeren Bereichen parken
Modelle mit Wärmepumpe bevorzugen
Effizienz- oder Eco-Modus nutzen
Reifendruck regelmäßig kontrollieren
Diese Schritte helfen, Effizienz und Reichweite in der kalten Jahreszeit zu stabilisieren.
Kälte ist eine natürliche Herausforderung für E-Autos
Dass Elektrofahrzeuge bei Kälte Reichweite verlieren, ist kein Mangel, sondern eine Folge der grundlegenden Eigenschaften von Lithium-Ionen-Batterien. Jedes Jahr verringert sich diese Lücke dank besserer Thermosysteme, optimierter Energieverwaltung und fortschrittlicher Batterietechnologie.
Der Reichweitenverlust im Winter schmälert nicht die ökologischen und wirtschaftlichen Vorteile von Elektrofahrzeugen. Er zeigt lediglich eine ingenieurtechnische Grenze auf – eine Grenze, die Hersteller zunehmend adressieren und die Nutzer mit einfachen Maßnahmen gut handhaben können.




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